Viele meiner KlientInnen fragen sich, warum sie immer wieder in ähnlichen „Liebesfilmen“ landen und das Muster ihrer Beziehungen sich zu wiederholen scheint. Ja, das ist eine spannende Frage, und die Antwort könnte vielen Menschen kostbare Lebenszeit ersparen. Deswegen widme ich dem Thema einen Blogbeitrag.

Katja landet immer wieder bei Männern, die sie „vereinnahmen“ wollen. Anfang findet sie es toll, angebetet zu werden. Aber schnell merkt, sie dass diese Männer jede freie Minute mit ihr verbringen wollen. Darauf hat sie keine Lust. Sie braucht Raum für sich, ihre Arbeit, ihre Freunde, ihre Familie, ihre Projekte. Deswegen lehnt sie es strikt ab, mit jemand zusammen zu ziehen. Gäbe es doch einen Mann, der sie so lieben könnte, wie sie ist. Ihre Beziehungen halten immer höchstens ein paar Monate.

Benjamin wünscht sich nichts mehr als eine feste Beziehung. Aber er gerät immer an Frauen wie Katja, die ihm das Gefühl geben, nicht gut genug zu sein. Er hat immer Angst, verlassen zu werden. Manchmal spielt er den coolen, unabhängigen Typen und versteckt seine wahren Gefühle, um seine neue Flamme nicht zu verschrecken. Aber er ist zutiefst unglücklich, wenn er nicht die Sicherheit und Nähe bekommt, die er zu geben bereit ist.

Es gibt sicherlich mehr als eine Erklärung, warum wir uns immer in die scheinbar Falschen verlieben. Eine davon liefert die Bindungstheorie, die ich hier mal genauer unter die Lupe nehmen möchte. Sie geht davon aus, dass alle Menschen das Bedürfnis nach Nähe haben. Es wird ein Bindungssystem angenommen, welches aus Gefühlen und Verhaltensweisen besteht, die dazu dienen, die Nähe zu unseren Bezugspersonen herzustellen. Das Bindungssystem wird immer dann aktiviert, wenn sich Bezugspersonen von uns entfernen oder wir eine Gefahr für die Beziehung wahrnehmen. Man unterscheidet mindestens drei Bindungstypen, die sich darin unterscheiden, wie stark ihr Bindungssystem reagiert, und wie viel Nähe oder Distanz sie brauchen.

Bindungstypen oder Beziehungstypen

Da gibt es den sicheren Beziehungstyp, der keine Angst vor Nähe hat und beziehungsfähig ist. Der ängstliche (oder unsicher-ambivalente) Bindungstyp fühlt sich schnell abgelehnt und hat ständig Angst um die Beziehung. Er wünscht sich Nähe und braucht viel Zuwendung. Der vermeidende Typ hingegen will Freiheit und Autonomie und hat Schwierigkeiten, sich überhaupt auf eine stabile Beziehung einzulassen.

Die beiden unsicheren Beziehungstypen, die ängstlichen (wie Benjamin) und die vermeidenden (wie Katja), treffen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, machen sich gegenseitig das Leben schwer und kommen trotzdem nicht leicht voneinander los.

 

Warum müssen es immer die Schwierigen sein?

Levine & Heller (2015) mutmaßen, dass sich ängstliche und vermeidende Personen aus drei Gründen besonders häufig zusammentun: 1. Ängstliche verwechseln ein aktiviertes Bindungssystem mit Liebe. Die vermeidenden Partner senden widersprüchliche Signale. Die ängstlichen Partner erleben ein Wechselbad der Gefühle, Erleichterung und Angst, welches sie quasi süchtig macht. 2. Ängstliche und vermeidende Beziehungstypen bestätigen gegenseitig ihr Weltbild: Ängstliche erleben im Kontakt mit den vermeidenden Personen, dass Beziehungen etwas Zerbrechliches, Störbares sind. Die vermeidenden Beziehungstypen sehen sich darin bestätigt, dass ihnen in Beziehungen die Freiheit genommen wird, sie fühlen sich kontrolliert und eingeengt. Letztlich meinen Levine & Heller, dass die sicheren Beziehungstypen sich ja meistens in stabilen Beziehungen befinden und sich keinesfalls auf vermeidende einlassen, so dass auf dem freien „Beziehungsmarkt“ die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass ängstliche und vermeidende Beziehungstypen aufeinander treffen.

 

Wie entwickeln sich Bindungsmuster?

Man geht davon aus, dass Beziehungstypen in erster Linie durch Erfahrungen in der Kindheit geprägt werden. Doch auch spätere Beziehungserfahrungen können den Beziehungstyp verändern. Wer zum Beispiel von einer/einem ExpartnerIn betrogen und verlassen wurde, ist vielleicht in einer nächsten Beziehung erst einmal vorsichtig und ängstlich, und achtet verstärkt auf Anzeichen, dass die Beziehung bedroht wird. Oder man hat überhaupt Angst, sich auf erneut zu öffnen und zu vertrauen, und sucht nur noch oberflächliche Kontakte.

Die gute Nachricht: Man kann seine Beziehungsmuster verändern. Und gerade, indem man nicht die Schuld „dem Falschen“ zuschiebt, sondern damit beginnt, sich an die eigene Nase zu fassen und seine automatischen Wahrnehmungen und Gedanken und Reaktionen hinterfragt.

In der Beratung unterstütze ich Dich, Dein Muster zu erkennen und Deine Wahrnehmung zu schärfen. So kannst Du Situationen, die vorher zum Streit zwischen Dir und Deinem Partner geführt haben, neu bewerten und anders lösen. Ich helfe Dir, Eure Kommunikation zu verbessern. Wenn Du auf Partnersuche bist, kann ich Dich unterstützen, Dein „Suchschema“ anzupassen, so dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass Dein Bedürfnis nach Nähe erfüllt wird.

Meine Meinung: Es gibt keine „Falschen. Wir suchen uns immer die „richtigen“ Falschen, die es uns ermöglichen zu wachsen.

Levine, A. & Heller, R.S.F. (2015) Warum wir uns immer in den Falschen verlieben – Beziehungstypen und ihre Bedeutung für unsere Partnerschaft. München: Goldmann.